Deine Stimme gegen Armut

HEIMATBLÄTTER


für die Grafschaft Bentheim.

Herausgeber: Verlag der Schüttorfer Zeitung
Die Heimatblätter erscheinen in zwangloser Folge.
Schriftleitung: Dr. jur. Ludwig Edel, Schüttorf

Sonder-Nr.
9. Mai 1928

Die Steggewentzen

Genealogische Beiträge zu ihrer Zweihundertjahrfeier
von Dr. Ludwig Edel
Schüttorf


Der Name Steggewernze

Daß die Familienmitglieder des hier zu behandelnden Geschlechts sich über die Schreibweise ihres Namens keineswegs einig, indem manche ihn Steggewentz oder Steggewentze, andere wieder Steggewantz oder Steggewantze schreiben, hat mich veranlasst, um keiner der heutigen Spielarten einen Vorzug zu geben, die alte, historische Form dieser Abhandlung voranzusetzen.

Der vielleicht beim ersten Hören etwas fremd und eigenartig anmutende Name gewinnt an Vertrautheit, wenigstens für die Bewohner unserer niedersächsischen-westfälischen Heidegegenden, wenn man ihn in die Reihe ähnlich gebildeter Namen einordnet. Neben den Namen Woltjan, Rottwilm, Bültbernd, Beckwennemer, Brooklefer, Buߗklas, Logert, Holtherm, Venneherm, Vennegerd, Steggemerten, wie sie in der kleinbäuerlichen Bevölkerung unserer Heimat gebräuchlich sind, hört sich der Name Steggewernze keineswegs ungewöhnlich an. Die Bedeutung liegt demnach auch sofort zu Tag: es ist eben der an irgend einer Stegge wohnende Wernze, dem der Name zum ersten Mal beigelegt wurde.

Der Name Wernze

Was bedeutet nun aber der Name Wernze oder Werenzo. Der Germanist erklärt ihn als alten deutschen Rufnamen mit dem Stamme werin = sich wehren. Wen es nicht verdrießt, einmal die westfälischen Urkundenbücher, die bis zum Jahre 1300 gedruckt vorliegen, zu durchblättern, würde den Namen Werenzo dort häufig antreffen. Ja, er würde finden, dass ein sehr angesehenes, ritterbürtiges Geschlecht diesen Namen sogar zu seinem Stammnamen gemacht hatte. Dies münsterländische Geschlecht führte drei balkenweise gestellte, nach rechts schreitende Vögel in seinem Wappenschild. Die Werenzo kamen noch 1326 laut einer Urkunde vor, sind aber nun wohl längst ausgestorben. Doch das nur nebenbei. Mit der hier behandelten Familie hat das ritterbürtige Geschlecht, abgesehen vom Namen, natürlich nichts zu tun, denn auch manches bäuerliche Gehöft und Erbe, das einem Werenzo gehörte, führte den Namen Werenzing, woraus dann später durch Abschleifung Wersing, Warsing oder Wassing und Wassink geworden ist. Auch der Name des Erbe Wernsing oder Wernze in Neerlage ist so zu erklären und es ist gar nicht unwahrscheinlich, dass der erste Wernse an der grönen Stegge in Quendorf von diesem Erbe in Neerlage stammt.

Die gröne Stegge.

Von der Vöhnpoorte in Schüttorf hatte man früher einen weiten Blick nach Norden. Durch dieses Tor nahm das Vieh, das früher im Walde seinen Weidegang hatte, den Weg, darum auch Tor und Straße Vieh-tor und Vieh-straße benannt wurden. Hinter der Landwehr teilte sich die Straße (der Steinweg) in die zum Erbe Mannebeck führende Beck-stegge und in die Wolt-stegge, die zum Bentheimer Walde führte und in die gröne Stegge überging. An dieser Stegge lag bereits um die Mitte des 16. Jahrhunderts das Haus der Steggewernse, wofür wir ein paar schöne Zeugnisse haben, nämlich:
  1. eine Grenzbeschreibung der Schüttorf-Suddendorfer-Samerschen Mark vom Rentmeister Lucas ter Möllen;
  2. eine Aufzeichnung des Richters Nicolaus van Lutthern aus dem Jahre 1570;
  3. ein Zeugnis des wohl 100 Jahre alten Johann Lewerkamp über die Grenzen der Suddendorfer Mark aus dem Jahre 1599.
Daraus ergibt sich, daß Steggewernsen Haus in der Quendorfer Mark dort hart an der Suddendorfer (Schüttorfer) Grenze lag.
Wir freuen uns, diese schönen altehrwürdigen Aufzeichnungen hier zum ersten Mal veröffentlichen zu können.

Alte Grenzbeschreibungen.

Der Snaith der Suddendorper und Samernschen Marcke wie der zallige olde Schulte van Quendorpe, it. Schulte Halßband, der olde Schewell, der olde Herschoppink und der olde Schouwinck zallighe dem Renthr. Jürien Oeglin und dem Bogde Hans Beme hiebeforne uthgewieset und mitgetogen als folgth.

Erstlich vam Bischehuse bij dem wilden Dike up den olden Ihmmehoff und folgentz up den Berges Brocke, folgentz durch das wolt durch die grönen Steghe, neffen Steggewernsen Hoff vor Mannebecken Hoff her up dat Funder bij den gotten Kollick up der rechteren Handt, van daraff up de dree Steine, folgentz achter dat Elßbrock achter dem Sameraott up des Brammeyers Hoff oder Herdt, van dar up die dree Kollike, folgentz up das Schaipe Schott in der Brwechte un henfordt up einen drogen bohm am wilden Dike.

Diß hat seliger Herr Lucas zu Müllen, gewesener Rentmr. zu Schüttorff, geschrieben; und ist bei seligen Niclaß van Lüttern gewesenen Richters Schriften gefunden.

Anno 1570 den 2. Maij seien in Beiwesen der Edlen und Ehrevesten Eylhardten voan Wüllen, Landesdrosten, Gerl. Gruiter, folgende Persohnen erscheinen und vor demselben berichtsweise angetzeiget, daß die Sudendorper Marcke sich strecke ahn daß ferneste Schewell und van dar nach des Fischers Bode na dem Langenboem über den Dijk na dem Immehoff, van dar nach des Bergesbröcke vor des Stoltenkampes Hauß, van dar achter dat Rott doer de groene Stege, vor Stege Wernsens Haus aver, hartt vor Mannebecken Hoff ower, van dar aff durch den achtersten groenen wegk, nach den Haeken Meden, darnach nha das Kluisen Veldtt, darnach nach den dreien Bäumen, von dar uff dem Keseberg, von dar umb Kamp Wessels Haus und also wiederumb nach der Stadt.

Limites der Sudendorper Marken belangendt, aus sählig Nicolas v Lüttherns handt abgeschrieben.

Es thun die Borenholter den Bericht, daß die Sudendorper Marcke sich strecke ahn des Bergesbröcke auff diesse seide des Stoltenkampes Huise und daß auch Stoltenkamp, auch Fogelsanck noch Seblingh der Oerter gesessen aldar nitt berechtiget, dan sie Siblingk woll vergüntt ein foder Heiden dar zu meyen, auch imgleich Stoltenkamp. Und strecke sich die Sudendorper Marke an die Fische Bode und vorthan nach Schefels Huise.

Die olde Barenholt hefft solches van säligenJohan Palthen also gehort, iß ihm auch also gewesenund hebben sich auch keiner anderen Guuttheren Leuthe jehnige Gerechtigkeit angemasset dann deren Bentheimischen, doch so nuhn zu M.G.F. [meiner gnädigen Frau, der Gräfin Witwe] Leibzucht gehörig, und sonst Brüningk, so der H. Kirche zu Schüttorff gehörigh.

Herman BarenholtJunffern Herman, auch die negeste Barenholt seggen imgleichen, M. Gerdt Kannegieter sagt daß er vormahlß woll gependet, etzliche außgewartet, so seines Behaltens Siblinkgk, daß er in die Sudendorper Marcke Plaggen gemeyet habe.

Des alten Johan Lewerkenkamps Behkentnüß und Zeugnüß von wegen der Sudendorper Marcken.

Getzeugnis sehlig Johan Lewerikenkamps vor Notario Rob. Tinneken Anno 99 am 26. Decembris zu Mittage Seigers 12 anwesendts unden benendter getzeugen auf güdtlich anfürderüngh freiwillig gegeben.

Istlich nach Erkündiung seines Alters, kundt er eigentlich nicht wissen, wardt ihm sunst von Jedermenniglich zugegeben, das er woll 100 Jahr allt wehre, wann er nicht Elter, wahr sunst gutes witliches Verstandes und Gedechtnüs.

Weiteres von im begerdt, die rechte warheit anzumelden, wohe der eigentliche Schnadt der Sudendorper Marck anfinge und sich endigen thet, umb schierkünfftiglich davon im Phall der Nhot weiter Zeugnüs und Bericht davon zu geben.

Diesem nach zeigt er an, das die Marcke ihren Anfangk habe von der Behrder Landwehr von den Stew, durch den wilden Dyck dar ein Baum gestanden, nha der Fische bode von dar uff die drei Kyserlinge, von den Keserlingen nach den Bergesbrocke hinder das Rott hin.

Von dar nach der grünen Stegen(sic!),beneffen Wernsen Huis hin Mannebecken Hoff, von dar über Mannebecken Brede über die Suttbrügge, von dar über die drey Telgen, fürder uff die fünf Steene(Bei den fünf Steinen sollen drei Bentheimische und zwei Münstersche Bauerschaften (Marken) zusammenstoßen.)folgendts uff den Kehseberg hinder Kamp Johans Hauß hin nach den Stippenkamp, von dar nach der Manßbrüggen und uff Behrder Bordt, uff das Schaffes Schott so fürmals dar gestanden.

Diß war seine warhaffte Zeugnüs darbei er leben und sterben wollt, darauf er mihr Notario die Handt gegeben. Hier waren bei an und über Herman Niehoff, Herman Münich und Johan Roerdingk als glaubwürdigen Zeugen hierzu beruffen und erfurdertt.

Pro nota saltem Robertus Tineken
Notarius publicus seripsit et subs.

Auf Steggewentzen Hof.

"Der alte selige Stegwentzen Henrich, begraben am 28. Juli 1680", so lautet eine der ältesten Nachrichten aus dem Schüttorfer Kirchenregister über Steggewentzen Kotten, und aus derselben Zeit noch eine wertvolle Nachricht, aus der hervorgeht, daß die damaligen Besitzer der beiden Kotten Knüver und Steggewentze in Quendorf Brüder waren. "Knüsers und Wentzen Süster begraben den 16. Januar 1674." Als dritte Notiz muß noch vermerkt werden: "Stegwentzen Gerdt begraben 13. November 1680."

Mit dem Nachfolger Jan werden die verwandschaftlichen Verhältnisse klarer. Jan Wernse heiratete am 17. November 1688 Styne Helpers, und dieser Stegewentzen Jan ist offenbar der urkundlich gesicherte Stammvater des Geschlechts. Von den Kindern ist bekannt geworden:

  1. ein Hendrich, der Stammhalter auf dem Kotten (siehe IIa)
  2. eine Trine Wenze, die 1725 nach Gildehaus heiratete und zwar einen Herman Hagels. Die vorgeschriebenen Aufgebote erfolgten in der Schüttorfer Kirche und am 2. Februar wurde das Diminionalschreiben ausgehändigt, sodaß die Trauung in Gildehaus erfolgen konnte. Der Bauer versprach dem Pfarrer, die Gebühren mit Bohnenstangen zu bezahlen. Offenbar fehlte es damals an Kleingeld. Wie die Zeit doch alles verkehren kann, sowohl unter den Steggewentzen als auch den Hagels gibt es heute manchen, der jedenfalls vorziehen würde, derartige Gebühren in Geld zu bezahlen.
  3. Ein Gerd Wernsing aus Quendorf, der am 24. November 1726 Fenne Lohaus aus Wengel heiratete. "Jan Wansche sein Kínd, so in Wengsel geheiratet (von Lohaus) begraben am 31. Januar 1727."
  4. Endlich viertens Herman der Stammvater der Schüttorfer Bürgerfamilie. (siehe IIb)

IIa.

Hendrich Stegwansche in Quendorf, scherzhafterweise auch wohl der Kottschulze genannt, erreichte ein Alter von 70 Jahre; er wurde begraben am 21. Dezember 1758. Von seiner ersten Frau hatte er folgende Kinder:

  1. Jan, der Erbling des Kottens (Siehe IIIa.)
  2. Stine, getauft 2.1.1719 (Töchterlien, begraben 7.11.1726),
  3. Dirk, getauft 7.3.1721. Später Hermelings Heuermann, mit dem Beinamen Brookdierk. Die Wohnung lag in der Nähe von Kerkhoff, sie ist vor einigen Jahrzehnten abgerissen. Er war verheiratet in erster Ehe seit 17.7.1751 Grete Twenter aus Samern, die am 16.7.1762 starb, seit 2.1.1763 mit Janna Cruse aus Neerlage.
  4. Gerd Hendrich, geb. 6.11.1723, heiratete 1751 Gese Knüfers, Wittibe.
  5. Ahle, get. 18.12.1725, begr. 23.12.1725.
  6. Stina, get. 5.2.1727.
  7. Grete, get. 6.5.1733, begr. 7.11.1752. Die erste Frau starb am 8.1.1736. Darauf erfolgte am 10.5.1736 eine zweite Heirat mit Enne Schulte von Quendorf, aus welcher Ehe noch fünf Kinder, darunter Zwillinge:
  8. Gerhard, geb. 21.6.1742,
  9. Joh. Henrich, geb. 21.6.1742, lebte noch im Jahre 1814 in Quendorf Nr. 6,
  10. Swenne, get. 5.12.1745,
  11. Fenne, get. 1748, begr. 24.10.1752,
  12. Aleida, get. 2.10.1749.

IIIa.

Jan Steggewantze in Quendorf starb im Alter von 48 Jahren (get. 2.12.1716, begr. 22.1.1765) mit Hinterlassung eines Sohnes Henrich (Siehe IVa.). Die Witwe Schwenne geb. Knüfer heiratete darauf am 14.4.1765 den Gerd Löchtenberg.
Am 28.3.1772 heirateten in Quendorf Gerd und Schwenne Steggewernse. Ein Beispiel, wie verzwickt die Familienverhältnisse manchmal sein konnten. Die 1742 und 1745 geborenen Gerhard und Swenne können das natürlich nicht sein, denn das waren ja Geschwister. Es kann sich hier nur um den Gerd Steggewernse geb. Löchtenberg handeln, der die Halbschwester seines Vorgängers heiratete. Aus dieser Ehe stammen noch ein sohn Jan (get. 10.10.1773) und die Frau stirbt 32jährig, begr. 106.1778, worauf am 28.3.1779 eine neue Ehe erfolgt mit Janne Horstmeier, der noch eine ganze Reihe Kinder entsprießen: Jan, Heinrich, Janna, Enne, Lambert, Swenne, außer mehreren Jungverstorbenen.

IVa.

Henrich Steggewentze in Quendorf (Haus Nr. 35), getauft 26.6.1763, gest. 30.3.1810, heiratete 30.4.1788 Löcke Bitter und läßt noch eine Anzahl von Kindern taufen:

  1. Geerd, get. 21.8.1796
  2. Jan, get. 1798
  3. Bernd, geb. 19.10.1800
  4. Hendrich, get. 17.7.1803
  5. Janna, geb. 20.10.1805
  6. Gerd Hindrich, geb. 3.5.1810.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts verschwindet dann aber der Name in der Bauernschaft. Der Steggewentzesche Besitz wird verkauft und geht an den Landwirt Wermeling aus Steinfurter Gemeinde über. Und dann kommt noch ein Tag - ich meine in den neunziger Jahren - an dem auch das alte Haus in Flammen aufgeht, sodaß heute außer dem alten Ziehbrunnen an der alten Stätte nichts mehr an die Steggewentzen-Zeit erinnert.
Ein Stegewens wurde Heuermann beim Schulten von Neerlage, war später Verwalter auf dem Kempers Erbe der Heiligen Geist Stiftung in Schüttorf. Sein Sohn ist Chauffeur Bernhard Steggewens, geb. Neerlage 6.12.1877, verheiratet mit Berndine Hülsbeck geb. Gildehaus 27.1.1879.


Dr. jur. Ludwig Edel, Die Steggewentzen. Genealogische Beiträge zu ihrer Zweihundertjahrfeier. In: Heimatblätter für die Grafschaft Bentheim, Herausgeber: Verlag der Schüttorfer Zeitung, Schriftleitung: Dr. jur. Ludwig Edel, Schüttorf, Sondernummer, 9. Mai 1928


Das Entziffern der alten Schrift ist mühselig und die altertümliche Sprache ist auch nicht so einfach zu übertragen!
Aber bald gehts weiter...

Der untenstehende Link "Schüttorfer Ansichten" verweist auf die private Homepage des Schüttorfers Rainer Harmsen. Hier finden sich interessante alte Fotos und allerhand Dönekes rund um meine alte Heimatstadt Schüttorf.

Besonders verweise ich auf den darunter angezeigten Link "Schüttorf".!
Die hervorragende Seite wurde von dem gebürtigen Schüttorfer Christian Hummert erstellt und in die "Liste exzellenter Artikel" bei Wikipedia aufgenommen.


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